Fotomarathon Bremen 2015

Auf den Fotomarathon in Bremen bin ich über eine Internetseite aufmerksam geworden. Die erste Frage war, was ist denn das überhaupt? Doch die Internetseite zum Fotomarathon konnte schnell über alle Fragen aufklären. Im Büro fand sich schnell eine Begleitung, so dass wir am Samstag (12.09.2015) zu zweit an den Start gingen.

Die Regeln konnten wir vorab schon auf der Homepage studieren. Es müssen neun Fotos in neun Stunden gemacht werden. Die Themen werden nach und nach an den Zwischenstationen bekanntgegeben und müssen später unbearbeitet und chronologisch richtig auf der Speicherkarte abgegeben werden. Zusätzlich zu den einzelnen Motivthemen gibt es ein Oberthema, das bei der Bilderserie berücksichtigt werden sollte.

Der Tag began mit der Ausgabe der Startnummern, ab 10:00 Uhr in der Schaulust. Die Lage in der Nähe des Hauptbahnhofs war am Veranstaltungstag selber schon sehr spannend. Eine angekündigkte Demonstration wurde durch massive Polizeipräsenz begleitet. Von Hundertschaften bis zu Wasserwerfern und einem Panzer, war alles dabei.

Startnummer
Startnummer des Fotomarathon Bremen 2015

Teil 1 – Zwischen Schaulust und Botanika

Um 11:00 Uhr wurde ein Gruppenfoto aller 200 Teilnehmer gemacht. Anschließend konnten die ersten Themenkarten in Empfang genommen werden und der Marathon begann. Die Themenkarte verriet uns die ersten drei Motive und die erste zu erreichende Zwischenstation.

1. Themenkarte
1. Themenkarte – Abgefahren | Aufgetakelt | Überschäumend

Das Motto des Fotomarathon lautete: „Stadt im Fluss“, als Oberthema zum Glück sehr offen interpretierbar. Doch die ersten Motivthemen hatten es bereits in sich. „Abgefahren“, „Aufgetakelt“ und „Überschäumend“. Und da keiner von uns das erstem Motiv am Startpunkt umsetzen wollte haben wir uns auf den Weg in Richtung Innenstadt gemacht.

Abgefahren

Über die Umsetzung des ersten Themas sollte das erste Motiv auch die Startnummer zeigen. Da ich dies von Berichten anderer bereits geahnt hatte, hatte ich mich etwas vorbereitet, da man bei diesem Motiv kreativ sein sollte und nicht bloß die ausgegebene Startnummer im Bild platzieren muss. Ich hatte im Vorfeld also bereits ein wenig gebastelt. Ein Abreißzettel, wie man Ihn verwendet, wenn man etwas sucht oder verkaufen möchte. Anstelle der Telefonnummer habe ich dann noch die Startnummer eingetragen.

Im Motiv hatte ich vor den Zettel an einem Laternenpfahl oder dergleichen zu befestigen und dann einen netten Hintergrund zu fotografieren. Zum Glück passte die Idee zum vorgegebenen Thema, denn Abgefahren kann man gut an einer Haltestelle inszinieren und dort kommen viele Leute vorbei und ein solcher Abreißzettel passt gut in die Umgebung.

Schwieriger gestalltete sich jedoch die Suche nach einer geeigneten Haltestelle, die bestenfalls noch auf dem Weg zur Weser liegt. Besonders da wir zu zweit unterwegs waren wollten wir unnötige Wege vermeiden, damit beide genügend Zeit zum fotografieren haben. Das uns heute die Polizei einen Strich durch die Rechnenung machen würde hatten wir nicht geahnt. Die Zielhaltestelle „Domsheide“ haben wir mit der Straßenbahn nicht mehr erreichen können, da unmengen an Manschaftswagen den Weg versperrten. Also wieder ausgestiegen und zu Fuß weiter. Ein Versuch die blockierte Haltestelle mit den vielen Polizeiwagen zu inszinieren schlug leider fehl, obwohl es eine „abgefahrene“ Szene war.

Das endgültige Motiv entstand dann wie geplant an der Domsheide, mit Blickrichtung zur Weser (Stadt im Fluss). Leider ist aufgrund der Freistellung nicht zu erkennen, dass die Anzeigetafel die Verkehrsstörung durch die Demonstration anzeigt und darauf verweist, dass die Bahnen Umleitungsstrecken fahren. Die Bahnen fahren dort also zu diesem Zeitpunkt garnicht ab, was im weitesten Sinn „Abgefahren“ symbolisieren könnte. Ich habe mich aber bewusst für die geringe Tiefenschärfe entschieden, da die Haltestelle auch für sich steht.

Motiv 1: Abgefahren
Motiv 1: Abgefahren

Aufgetakelt

Der Interpretationsspielraum, bei den einzelnen Themen, ist recht groß. So kann Aufgetakelt im klassischen Sinn eine Segelschiff mit vollen Segeln und Takelage sein. Erster Anlaufpunkt also Weser, Schlachte um genau zu sein. Das Oberthema sollte ja im Blick behalten werden und der Fluß vielleicht auch einmal auf ein Foto gelangen. Doch die Inspiration blieb aus. Alle Motive zu kitschig, zu ’normal‘ oder postkartig.

Zweite Interpretation des Motivs, aufgetakelte Menschen. Schick gemacht für einen Event oder ähnlichem. Aber auch das eigentlich zu naheliegend. Ich habe mich dann an die Idee meiner Begleitung angeschlossen. Sie hatte einige Tage zuvor eine bestimmte Schaufensterpuppe gesehen, die besonders aufgetakelt war.

Während Sie ihr Foto schoß, habe ich etwas mit den Spiegelungen in der Schaufensterscheibe gespielt. Und plötzlich war das Foto da.

Motiv 2: Überschäumend
Motiv 2: Aufgetakelt

Bei nährerm betrachten wurde auch die thematische Umsetzung ganz klar wiedergefunden. Die Schaufensterpuppe symbolisiert den Konsum, die Menschen im Hintergrund sind in der Innenstadt unterwegs (im Fluß) mit dem Ziel sich aufzutakeln. Zugegeben, dass Thema trifft einen nicht mit dem Holzhammer, aber ich bin sehr zufriden mit diesem Motiv. Besonders gefällt mir, dass es wie eine Doppelbelichtung wirkt, obwohl es nur ein einzelnes Foto durch die Schaufensterscheibe ist.

Überschäumend

Auch bei diesem Thema bieten sich wieder viele Möglichkeiten der Umsetzung. Aus mehr oder weniger pragmatischen Gründen habe ich mich für eine wörtliche Umsetzung entschieden, damit wir eine Pause in einem Cafe machen konnten. Etwas Koffein und einen Snack für die nächste Etappe tanken.

Fotopause nach der Umsetzung des dritten Motivs
Fotopause nach der Umsetzung des dritten Motivs

Für die Umsetzung des Themas hatte ich mich für einen überschäumenden Milchkaffee entschieden, insziniert in Form von Food- oder Produktfotografie. Hier ist auch das Oberthema, in Form des fließenden Milchschaums, interpretiert. Zusätzlich ist im Hintergrund ein Junge zu erkennen, der sich ‚überschäumend‘ freut und die Arme nach oben reißt, ein netter Zufall wie ich finde.

Motiv 3: Überschäumend
Motiv 3: Überschäumend

Teil 2 – Zwischen Botanika und Lloyd-Caffee

Nachdem meine Begleitung spontan eine geniale Idee hatte, die auch noch im Cafe umgesetzt werden konnte, hatten wir die ersten drei Themen vollständig umgesetzt und konnten uns auf den Weg zur ersten Zwischenstation machen. Der Weg führte uns in die Botanika in der Vahr. Durch die Demonstration eingeschränkt fuhren einige Straßenbahnen Umleitungen, so auch die Tram 4, die wir vom Brill aus nehmen mussten, anstelle der Domsheide.

Von der Haltestelle aus war es noch ein kurzer Marsch zur Botanika, in deren Foyer die Organisatoren des Fotomarathons gut gelaunt auf uns warteten, um unsere Startnummer mit einem Stempel zu versehen und uns die nächste Themenkarte auszuhändigen.

Themenkarte 2
2. Themenkarte  –  Speckgürtel | Stadtpflanze | Landei

Im Aussenbereich des Bloom haben wir die drei neuen Themen ersteinmal auf uns wirken lassen. Ich will nicht verheimlichen, dass ich zuerst vollkommen überfordert war. Spontan viel mir nichts sinnvolles zu den Motiven ein. Doch die Panik verflog schnell und wir machten uns einfach auf den Weg. Das nächste Zwischenziel wollte das Loyd-Caffee im Hafen sein.

Speckgürtel

Ein Bauch der über einen viel zu engen Gürtel quillt, wäre meine erste Idee gewesen. Aber zum Einen mag ich es nicht andere Menschen öffentlich bloßzustellen und mein eigener Bauch quillt (noch) nicht über den Gürtel. Zum Anderen hatte ich gleich ein Architekturfoto im Kopf, auch wenn es vielleicht zu profan ist.

Parallel war da die Idee, den Speck wörtlich zu nehmen und in den Supermarkt zu gehen. Das ich Vegetarier bin war nicht der einzige Grund dafür, eine andere Umsetzung zu suchen. Besonders erfolgreich verlief die Suche jedoch nicht. Auf dem Weg zur Bahn habe ich ein Foto von einer derzeit renovierungsbedürftigen Villa gemacht, eher als Backup, falls kein besseres Foto mehr entsteht.

Als Speckgürtel wollte ich dann die ruhigere Vorstadt darstellen. Und in meiner Serie hatte ich vor, ein Foto als Akzent in Farbe zu setzen, zwischen den übrigen SW-Fotos. So war die Idee geboren ein Spielstraßenschild, formatfüllend abzubilden. Aber wie der Teufel so will, habe ich keine Spielstraße gefunden. Somit ist es bei dem Schnappschuß geblieben. Ich bin nicht besonders zufrieden damit, aber so blieb Zeit für die anderen Themen.

Motiv 4: Speckgürtel
Motiv 4: Speckgürtel

Stadtpflanze

Ein schönes Thema. Zuerst musste ich an einige Bilder denken, die ich in der Überseestadt gemacht habe. Von Pflanzen, die sich den Weg durch ein technisches Bauwerk aus Beton und Stahl kämpfen. Der Sieg der Natur über die Technik. Aber auch das ist zu naheliegend. Wer weiß wie oft das Thema von den anderen Teilnehmern auch so umgesetzt wird. Also entschied ich schnell einen abstrakteren Ansatz zu wählen.

Die „Pflanze“ interpretierte ich als „Bewuchs“ oder auch als „Auswüchse“ wie auch als „Blüten“ der Stadt. Und welcher Ort in Bremen eignet sich da besser, als das Viertel. Hier blüht und pulsiert das Leben, hier ist die Stadt im Fluss. So habe ich mich für ein Motiv im Herzen des Viertels, an der Sielwallkreuzung entschieden.

Motiv 5: Stadtpflanze
Motiv 5: Stadtpflanze

Der städtische „Bewuchs“ an der Ampel, die selber wie ein Pflanzenstengel in die Luft ragt. Im Hintergrund das Corner-Coffee, das für typischen urbanen Lebensstill steht. Dazwischen die Straßenbahnschienen, die die Stadt im Fluss halten.

Und wie es der Zufall so will, hatten wir zu diesem Zeitpunkt Hunger und eine kurze Mittagspause verdient. Und die Bagel im besagten Coffee sind ausgezeichnet, um nicht zu sagen weltberühmt in Bremen.

Landei

Mit dem Bagel auf der Hand ging es weiter auf die Suche nach dem nächsten Motiv. Hierfür hatte ich zuvor im Vorbeigehen schon eine Schaukel gesehen, die mich an ländliche Idylle erinnert.

Bei diesem Motiv habe ich mehrere verschiedene Perspektiven ausprobiert. Normalperspektive mit Baum an der Seite, auf der Schaukel sitzend nach oben blickend, seitlich, frontal. Alles nicht besonders zufridenstellend. Einzig die Perspektive von Unten, auf die geknotete Sitzfläche hat mich überzeugt. Nicht zuletzt aufgrund des schönen Bokeh.

Motiv 6: Landei
Motiv 6: Landei

Zu dem Foto muss ich anmerken, dass es mit vollem Körpereinsatz entstanden ist. Die Schaukel hängt sehr tief über dem Boden. Meine Kamera hat noch kein Live-View, geschweige denn einen Klappbildschirm. So habe ich mich in den Dreck gelegt und mein Bestes gegeben. Wenn ich mich entscheiden müsste, dann wäre dies mein Lieblingsfoto der Serie.

Teil 3 – Zwischen Lloyd-Caffee und Noon

Die zweite Zwischenstation lag im Hafen am Lloyd-Coffee. Auch hier bekamen wir einen Stempel auf die Startnummer und die nächsten drei Themen. Zu unserer Überraschung gab es zusätzlich noch eine Tasse Kaffee und ein kleines Stück Butterkuchen.

Themenkarte 3
3. Themenkarte  –  Heißes Pflaster | Freier Fall | Gute Stube

Die drei neuen Themen konnten wir also bei einem kleinen Snack und einer Pause im Sitzen verbringen. Erstaunlicherweise hatten wir schnell einen Plan für das weitere Vorgehen entwickelt, was uns gut gelaunt in die letzte Etappe starten ließ.

Heißes Pflaster

Heißes Pflaster und der Gedanke ist gleich bei der Helenenstraße oder ähnlichem. Doch wollten wir nicht direkt zurück ins Viertel fahren. Stattdessen ging es an die Hafenkante des Europahafens, in der Überseestadt.

Motiv 7: Heißes Pflaster
Motiv 7: Heißes Pflaster

Das heiße Pflaster ist hier indirekt sichtbar, durch die geschmolzene Vergußmasse zwischen den Schienen. Diese sind Bestandteil der alten Hafenanlagen. Wer weiß was dort alles so passiert ist, vielleicht war der Hafen mal ein besonders heißes Pflaster. Eins ist aber sicher, es hat die Stadt im Fluss gehalten, als großer Warenumschlagplatz.

Freier Fall

Papierflieger bauen hat mir immer Spaß gemacht, aber besonders gut war ich darin nie, sie haben sich alle immer sehr schnell in den Freien Fall begeben. Dies kam mir bei dem Motiv zu gute. Doch wie setzt man es um? Glücklicherweise hatte ich ein paar Bögen Zeichenpapier mitgenommen, dies ist etwas stärker als ein üblicher Briefbogen, so dass ich einen stabilen Papierflieger bauen konnte. Doch das Fotografieren eines sich bewegenden Fliegers, im richtigen Winkel, bei schlechter werdendem Licht? Eine enorme Herausforderung.

Hier hat es sich wieder als gut erwiesen zu zweit auf die Tour zu gehen. Der Papierflieger an einer Nylonschnur  angebracht. Das eine Ende an einem Gewicht (Taschenmesser) auf dem Boden befestigt und die „Assistentin“ auf der anderen Seite haben halbwegs kontrollierbare Bedingungen geschaffen. Einziger Feind war der Wind, der den Flieger arg ins Rollen gebracht hat.

Mehrere Perspektiven und die Vielzahl an Versuchen machten es am Ende schwer sich für eines zu entscheiden. Eigentlich hatte ich einen anderen Favoriten, doch dieser sah in der Serie etwas verloren aus, so dass ich mich für das etwas dunkle Motiv entschieden habe.

Motiv 8: Freier Fall
Motiv 8: Freier Fall

Das Foto ist nicht das beste der Serie, aber es hat in der Umsetzung sehr viel Spaß gemacht. Von der Bildidee über das Basteln und optimieren der Requisiten hin zum Shooting selber.

Meine Begleitung hatte bei diesem Motiv eine ähnliche Umsetzung gewählt, so dass ich auch noch als Assistent ausgeholfen habe. Auch der Teil der Arbeit hat viel Spaß gemacht. Hier war ich besonder froh, dass wir zu zweit unterwegs waren, da diese Bilder sonst mit viel mehr Aufwand verbunden gewesen wären.

Gute Stube

Unter Bremens guter Stube wird im allgemeinen der Marktplatz verstanden. Eine übertragene Umsetzung wäre auch denkbar gewesen und die Idee das Wohnzimmer (Bar und Cafe) als Motiv zu wählen stand kurz zur Diskussion. Es wurde dann aber doch der Marktplatz.

Hier bieten sich verschiedene Motive an. Rathaus, Bürgerschaft, Dom, Schütting und und und. Ich habe mich für die Fassaden an der Westseite entschieden. Auch oft fotografiert, aber weniger aufdringlich als z.B. der Dom.

Motiv 9: Gute Stube
Motiv 9: Gute Stube

Die flache Wirkung der Fassaden habe ich versucht mit der Straßenlaterne im Vordergrund etwas aufzubrechen. Das bunte Treiben der Menschen im Vordergrund soll die „Stadt im Fluss“ wieder als Oberthema mit aufnehmen. Leider war der Himmel sehr bedeckt und ohne Struktur, dann hätte mir das Bild besser gefallen.

Zieleinlauf

Nach 42 km, von denen wir etwa 14 km zu Fuß gelaufen sind und den Rest mit der Straßenbahn zurückgelegt haben (ich hatte das GPS-Gerät mitlaufen lassen) an der Endstation im NOON angekommen, wartete noch der härteste Teil des Marathons auf uns. Die endgültige Auswahl der Fotos. Hier hat es sich bezahlt gemacht, dass wir zwischendurch immer einmal wieder Bilder gelöscht haben und nur wenige Favoriten behalten hatten. Trotzdem war es nicht einfach sich bei den Motiven endgültig festzulegen. Am Ende sollte ja eine Serie entstehen, die auch im Gesamtbild gut wirkt.

Hier also nochmal alle neun Motive als Serie:

Der Tag war lang und anstrengend, aber mindestens genauso spannend und aufregend. Das die Zeit im Flug vergangen ist war dem Zeitdruck und dem Spaß geschuldet. Nun freue ich mich auf die Ausstellung aller Fotos am 10. und 11.10.2015 im Schuppen 1, in der Überseestadt. Dort wird es nochmal spannend, denn dann werden die Sieger gekürt und wir können uns ansehen wie die anderen Teilnehmer die Motive umgesetzt haben.

Eines ist jetzt schon klar, der Tag war großartig und wenn wieder ein Fotomarathon in Bremen stattfindet bin ich bestimmt wieder mit dabei.

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